Wie Biogas zur Energiewende beiträgt

    Bis 2050 will sich die Schweiz CO2-neutral mit Energie versorgen. Einen wesentlichen Beitrag dazu kann Biogas leisten: Es ist klimaschonend, lässt sich speichern und flexibel für verschiedene Anwendungen nutzen.

    (Bild: VSG) Seit 2008 produziert die Anlage von SwissFarmerPower im luzernischen Inwil Biogas mit einem Energiewert von bis zu 30 Gigawattstunden pro Jahr. Damit lassen sich jährlich 3000 Tonnen CO2 einsparen.

    Die Zukunft der Energieversorgung ist klimaneutral. Für die Versorgungssicherheit und das Erreichen der Klimaziele spielen Gas und seine Infrastruktur eine wichtige Rolle. Die Schweizer Gaswirtschaft arbeitet daran, die Gasversorgung zu dekarbonisieren. Auf diese Weise leistet sie einen wichtigen Beitrag, damit die Schweiz die Klimaziele erreichen kann.

    CO2-neutral und flexibel einsetzbar
    Anstelle von Atomkraft und fossilen Energieträgern wird die Schweiz künftig hauptsächlich erneuerbare Energien nutzen. Diese Umstellung bringt jedoch auch einige Herausforderungen mit sich. Eine grosse Knacknuss ist die Energieversorgung im Winter, wenn die Stromproduktion aus Solar- und Wasserkraft reduziert, der Bedarf aber hoch ist. Der zunehmende Einsatz von elektrisch angetriebenen Wärmepumpen und die Elektrifizierung der Mobilität erhöhen die Winterstromlücke zusätzlich. Gefragt sind also Alternativen, die klimaneutral, von der Jahreszeit unabhängig und flexibel einsetzbar sind.

    Biogas erfüllt diese Kriterien. Über den gesamten Lebensweg betrachtet führt Biogas zu sehr geringen CO2-Emissionen. Zudem wird es schon seit mehr als drei Jahrzehnten zusammen mit dem Erdgas über das 20’000 km lange Schweizer Gasnetz verteilt. Es lässt sich genauso flexibel einsetzen wie Erdgas: Als Treibstoff für Fahrzeuge beispielsweise bildet es eine willkommene Alternative zum Elektroantrieb. In Produktionsanlagen kann es überall verwendet werden, wo die Prozesse hohe Temperaturen erfordern – beispielsweise in der Metallverarbeitung. Dort gibt es zum Gas oft gar keine Alternativen, die technisch und wirtschaftlich realisierbar wären. Schliesslich lässt sich Biogas auch speichern und bei Bedarf via Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen in Strom und Wärme umwandeln.

    (Grafik: VSG) Biogas lässt sich aus verschiedenen organischen Abfall- und Reststoffen herstellen, ohne dass eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion entsteht.

    Energie aus Abfällen
    Biogas wird durch die Vergärung von organischen Reststoffen, also von pflanzlichem oder tierischem Material, hergestellt. Bei diesem Prozess werden die in den Ausgangsmaterialien enthaltenen Inhaltsstoffe wie Kohlenhydrate oder Fette hauptsächlich in Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. Typischerweise besteht das ungereinigte Rohgas zu etwa 60 Prozent aus Methan und zu 40 Prozent aus Kohlendioxid. Letzteres wird zusammen mit weiteren unerwünschten Begleitstoffen vor dem Einspeisen ins Netz entfernt. Das hierbei anfallende Kohlendioxid ist aber klimaneutral, weil es zuvor von den Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde.
    Bereits 1997 ging die erste Schweizer Anlage in Betrieb, die Biogas ins Netz einspeist. Mittlerweile sind bereits 37 solcher Anlagen in Betrieb, viele weitere befinden sich in Planung. Als Ausgangsmaterial nutzen sie unter anderem Gülle und Ernteabfälle aus der Landwirtschaft, Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen, Abfälle aus der Nahrungsmittelindustrie oder separat gesammelte Grünabfälle aus den Haushalten. In der Schweiz ist streng geregelt, welche Materialien zur Biogasproduktion eingesetzt werden dürfen. Um keine Konkurrenz zur Herstellung von Nahrungs- oder Futtermitteln zu schaffen, verwendet man hierzulande ausschliesslich Rest- und Abfallstoffe.

    Potenzial noch nicht ausgeschöpft
    Eine 2017 publizierte Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) bezifferte das nachhaltig nutzbare Biogaspotenzial der Schweiz mit rund 5 TWh pro Jahr. Dies entspricht etwa 15 Prozent des heute eingesetzten Erdgases. Zum Vergleich: 2021 wurden etwas mehr als 0,4 TWh Biogas aus Schweizer Produktion ins Gasnetz eingespeist.

    Gemäss einer Studie von E-Cube Consultants aus dem Jahr 2018 werden zusätzlich rund 1,3 TWh Biogas produziert, aber nicht ins Netz eingespeist, weil es vor Ort verwertet wird. Insgesamt wird von den 5 TWh Potenzial zurzeit also noch nicht die Hälfte ausgeschöpft. Hinzu kommt, dass das insgesamt vorhandene Potenzial für die Biogasproduktion («theoretisches Potenzial» gemäss WSL-Studie) bei rund 10 TWh liegt.

    (Grafik: VSG) In der Schweiz speisen zurzeit 37 grosse Anlagen etwas mehr als 400 GWh Biogas ins Netz ein. Zwischen 2010 und 2020 ist die eingespeiste Menge um mehr als das Achtfache gewachsen.

    CO2-neutrale Gasversorgung bis 2050
    Der Biogas-Anteil im Schweizer Netz lässt sich also noch deutlich steigern. Hierfür haben die Schweizer Gasversorger einen ambitionierten Plan aufgestellt: Bis 2030 wollen sie im gesamten Gasabsatz einen erneuerbaren Anteil von 15 Prozent erreichen. Bis 2040 soll der Anteil auf 50 Prozent erhöht werden. Analog zu den Schweizer Klimazielen will die Gaswirtschaft 2050 schliesslich eine komplett CO2-neutrale Versorgung anbieten.
    Wegen der limitierten Mengen an geeigneten organisch Abfällen wird inländisch produziertes Biogas das Erdgas nicht vollständig ersetzen können. Die Schweiz kann aber auch Biogas importieren, was heute bereits in beträchtlichem Umfang geschieht: 2021 waren es rund 1,8 TWh. Dank Herkunftszertifikaten lässt sich der Produktionsprozess im Ausland jederzeit nachverfolgen.

    Ein Ass im Ärmel
    Wenn das Potenzial für Biogas ausgeschöpft ist, besteht mit erneuerbar hergestelltem Methan eine weitere Quelle für CO2-neutrales Gas. Es wird über einen als «Power-to-Gas» bezeichneten Prozess produziert. Wie Biogas ist erneuerbares Methan klimaneutral, weil für seine Herstellung gleich viel Kohlendioxid verwendet wird, wie bei der Verbrennung wieder entsteht. Ein weiterer Vorteil: Erneuerbares Methan kann mit überschüssigem Sommerstrom produziert werden und macht diesen so speicherbar.
    Mit dem stetig steigenden Anteil an Biogas trägt die Schweizer Gaswirtschaft schon heute zum Umbau des Energiesystems bei. Das Biogas ergänzt andere erneuerbare Energien und ist mit seiner Flexibilität ein wertvoller Trumpf bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen – gerade auch punkto Stromversorgung im Winter.

    Erklärvideo zum Thema: «Netto-Null kann über verschiedene Wege erreicht werden»


    VSG – Verband der Schweizerischen Gasindustrie
    Grütlistrasse 44, 8027 Zürich
    Telefon 044 288 31 31
    E-Mail: vsg@gazenergie.ch
    www.gazenergie.ch

    Vorheriger ArtikelEditorial von Dr. Philipp Gut
    Nächster ArtikelEditorial von Dr. Philipp Gut