Pflichtlager hat sich bewährt

    GETREIDE- UND FUTTERMITTEL- HANDEL – Die Branche bewegt sich in einem schwierigen Marktumfeld mit starken Regulierungen. Der Verband des Schweizerischen Getreide- und Futtermittelhandels VSGF setzt sich daher für eine Vereinheitlichung der Zolltarifnummern sowie für einen Abgleich der Verzollungspraktiken mit der EU ein. Zudem ist grosse Flexibilität gefragt.

    Bilder: pixabay
    Die stark regulierte Getreide- und Futtermittelbranche hat zahlreiche Herausforderungen zu meistern – denn gerade die Pandemie zeigt in allen Bereich die Fragilität der Transportkette.

    «Das laufende Jahr führt im Pflanzenbau offensichtlich generell zu sehr tiefen Erträgen. Alle Kulturen wurden in irgendeiner Form von Spätfrösten, Starkregen, Überschwemmungen, Staunässe, Sonnenmangel, Hagel und/oder Sturmwind betroffen. Dies zeigen die aktuellen Zahlen von Agristat. Die Ernten der wichtigsten Kulturen werden zurzeit beim Getreide für Futtermittel um sieben Prozent kleiner als im Vorjahr eingeschätzt» – dies schreibt kürzlich die Bauernzeitung. «Das Umfeld ist sicher herausfordernder geworden. Viele kleinere Händler konzentrieren sich vermehrt auf Nischen und decken nicht mehr ein breites Produkteangebot ab», bestätigt Stefan Emmenegger, Geschäftsführer des Verbandes des Schweizerischen Getreide- und Futtermittelhandels VSGF. Seit einigen Jahren ist eine Konsolidierung im Markt erkennbar. So gab es in den letzten Jahren Fusionen oder Übernahmen. Zudem hat die Fenaco ihre Markposition im Bereich Handel in den letzten Jahren weiterhin ausgebaut.

    Ein grosses Thema in der Branche ist die Nachhaltigkeit. So engagiert sich der Verband im Vorstand Soja Netzwerk Schweiz sowie in anderen Arbeitsgruppen zu verantwortungsvoll produzierten Futtermitteln. «Nachhaltigkeit ist aber kein klar definierter Begriff, sondern bedingt eine Wertung verschiedener Kriterien», so Emmenegger und er konkretisiert: «Dabei sollte man sich nicht nur auf bestehende, private Nachhaltigkeitslabels abstützen, sondern die Produkte differenziert betrachten. Kleinere Getreide- oder Futterproduzenten haben nämlich nicht immer die Möglichkeit, sich zertifizieren zu lassen, auch wenn sie qualitativ exzellente Rohstoffe nachhaltig produzieren.»

    Kein Versorgungsengpass während der Pandemie
    Die gesamten Getreideimporte beliefen sich im letzten Jahr auf rund 730‘000 Tonnen, davon wurden 463‘000 Tonnen zu Futterzwecken eingeführt. Die Importmenge beim Brotgetreide ist aufgrund der Kontingentierung stark von der Qualität und Quantität der Inlandernte abhängig. Jährlich werden beim Futtermittel insgesamt ca. 1,4 Mio. Tonnen importiert. Dabei spielen qualitativ hochstehende Rohstoffe eine zentrale Rolle – leisten die Mitgliederfirmen des VSGF durch die Pflichterhaltung doch einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit der Schweiz. «Unsere Mitglieder haben langjährige Beziehungen zu ihren Lieferanten und kennen die lokale Situation», so Emmenegger. Daneben bestehen ausgereifte QM-Systeme, die immer wieder verbessert werden. «Es regelt sich viel durch den Markt. Wer keine qualitativ einwandfreie Ware liefert, hat in dieser Branche keine Chance.» Die Pandemie hat bestätigt, dass die Pflichterhaltung nach wie vor wichtig ist, da Notsituationen nie ausgeschlossen werden können. «Die aktuelle Situation zeigt die Bedeutung einer breit abgestützten Rohstoffbeschaffung», sagt Emmenegger. Während der Pandemie hat die Versorgung mit Getreide und Futtermittel bestens funktioniert. Doch Corona forderte von allen Beteiligten grosse Flexibilität. Dazu Emmenegger: «Die grössten Schwierigkeiten waren und sind die Unsicherheiten, die schwierige Planbarkeit sowie die Probleme bei der Logistik. Bei der Logistik ist die Situation nach wie vor in allen Regionen herausfordernd – denn Corona zeigte in allen Bereichen die Fragilität der Transportketten.»

    Die Branche ist stark reguliert: Beim Futtergetreide wird mit den Zöllen die Preisdifferenz zwischen Weltmarkt- und Inlandpreis abgeschöpft. Die Zollansätze werden dazu monatlich vor allem gestützt auf Preismeldungen überprüft und gegebenenfalls angepasst, wenn eine gewisse Bandbreite über- oder unterschritten wird. Aus Sicht des Verbandes und seinen Mitgliedern hinkt der Zoll in diesem System aber oft der tatsächlichen Marktsituation hinterher. «Wir wünschen uns mehr Dynamik in diesem Bereich. Ausserdem ist das System von den Preismeldungen abhängig und damit anfällig für Fehler», erklärt Emmenegger. Beim Brotgetreide wird der Grenzschutz durch ein Zollkontingent sichergestellt. In der Regel kann jedoch ein grosser Teil des Bedarfs durch die inländische Produktion gedeckt werden. Oft wird sogar Brotweizen deklassiert und im Futtermittelsektor abgesetzt, um Preissenkungen zu verhindern. «In Zeiten schlechter Inlandernten braucht es aber frühzeitige Anpassungen des Kontingents, um die Versorgung sicherzustellen.»

    Verunsicherung bei Verzollungen
    Auf politischer Ebene setzt sich der VSGF für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und gegen Wettbewerbsverzerrungen ein. Der zunehmende regulatorische und administrative Aufwand trifft vor allem KMU. Für einen funktionierenden Markt und für die Versorgungsicherheit ist es gemäss Emmenegger aber wichtig, dass die Getreide- und Futtermittelbeschaffung breit abgestützt ist. Die Verunsicherung im Bereich der Verzollungen und das Risiko durch Praxisänderungen haben zudem zugenommen: «Wir setzen uns für eine Vereinheitlichung der Zolltarifnummern sowie ein Abgleich der Verzollungspraktiken mit der EU ein. Beim Grenzschutz gäbe es verschiedene Optimierungsmöglichkeiten.» Und weiter betont Emmenegger: «Politisch sind grund- legende Änderungen in diesem Bereich aber kaum durchsetzbar. Wichtig sind uns deshalb, schnellere Anpassungen an die Marktsituation. Im Bereich der Pflichtlager ist es entscheidend, dass markt- und zeitgerechte Lagerentschädigungen festgelegt werden.»

    Für Emmenegger ist klar, das Marktumfeld wird schwierig bleiben. Auch der zeitliche Druck hat bei der Beschaffung nochmals deutlich zugenommen und erfordert grosse Flexibilität der Handelsfirmen. Weitere Herausforderungen für die Betriebe sind neben der Nachhaltigkeit auch die Frage der Unternehmensnachfolge. «Der Getreide- und Futtermittelhandel ist eine spannende und abwechslungsreiche, aber auch sehr anspruchsvolle und hektische Tätigkeit, so dass es oft schwierig ist, geeignetes Personal zu finden oder die Unternehmensnachfolge zu regeln», so der Geschäftsführer. Doch er ist überzeugt, dass der private Getreide- und Futtermittelhandel, neben den landwirtschaftlichen Genossenschaften, weiterhin eine wichtige Rolle für die Nahrungsmittel- und Futtermittelversorgung spielen wird.

    Corinne Remund

    www.vsgf.ch


    DAS MACHT DER VSGF

    Information und Interessensaustausch

    Der Verband des Schweizerischen Getreide- und Futtermittelhandels VSGF vertritt die Interessen des privaten Getreide- und Futtermittelhandels. Der VSGF entstand 2004 aus einer Fusion zwischen dem Verband «Schweizerischer Getreideimporteure» (VSG) und der «Vereinigung des Schweizerischen Getreide- und Futtermittelhandels». Damit schlossen sich Gross- und Kleinimporteure zusammen. Der VSGF wurde 1922 und die Vereinigung er Kleinimporteure 1935 gegründet. Der Verband vertritt die gemeinsamen Interessen gegenüber den Behörden, Branchenorganisationen und der Öffentlichkeit. Daneben steht die Information der Mitglieder sowie der Interessenaustausch im Vordergrund. Der VSGF be- kämpft auch wettbewerbsverzerrende Zustände und setzt sich für die Beseitigung von technischen oder wirtschaftlichen Handelshemmnissen ein. Er ist bestens vernetzt mit anderen Branchenorganisationen, Verbänden und Institutionen. Der VSGF engagiert sich auch auf politischer Ebene, beispielsweise bei Vernehmlassungen bei Gesetzes- und Verordnungsrevisionen. Er setzt sich derzeit aus 14 Aktiengesellschaften im Bereich Futter- und Getreidehandel zusammen. CR

    Vorheriger ArtikelDigitale Lösungen für die Landwirtschaft
    Nächster ArtikelPro Natura Beschwerde gegen Swissmilk-Kampagne