Für eine liberale Energiepolitik


    Kolumne


    Es ist das umweltpolitische Thema der Stunde: die Versorgungs­sicherheit im Strombereich. Als Unternehmer und freisinniger Politiker setze ich alles daran, dass wir auch in Zukunft ausreichend Strom zur Verfügung haben werden. Technologieverbote sind abzulehnen.

    (Bild: zVg) Dr. Adrian Schoop ist Unternehmer und FDP-Grossrat.

    Wir leben in spannenden Zeiten! In Zeiten, in denen sich einiges bewegt. Das gilt auch und besonders für die Klima- und Energiepolitik. Nach der Flutkatastrophe von Fukushima schwenkte der Bundesrat überraschend auf einen Ausstiegskurs: Die Schweizer Kernkraftwerke, die rund einen Drittel zu unserer Stromversorgung beitragen, sollten nicht mehr erneuert werden. Im Zeichen der «Energiewende» wollte Bundesbern die Erneuerbaren fördern und so die Lücke in der Stromproduktion schliessen.
    Doch bereits nach wenigen Jahren zeigt sich: Diese Rechnung geht nicht auf. Verschiedene Bundesstellen schlagen Alarm, darunter die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS). Sie bezeichnen eine langandauernde Strommangellage als eines der grössten Risiken für die Schweiz.

    Schweiz ohne Strom? Das können wir uns nicht leisten
    Meine Meinung dazu ist glasklar: Das kann und darf nicht sein. Wir können es uns als hochindustrialisiertes, wohlhabendes Industrieland nicht leisten, für Tage oder gar mehrere Wochen ohne Strom zu sein. Das gilt auch für meine Tätigkeit als Unternehmer. Unser im Baubereich tätiger Familienbetrieb ist wie alle anderen Unternehmen auch auf eine sichere Stromversorgung angewiesen. Im eigenen Verantwortungsbereich können wir ein Stück weit vorsorgen und sicherstellen, dass wir den benötigten Strom einige Tage selbst produzieren können.
    Aber das kann nicht die Lösung sein, schon gar nicht auf Dauer. Und wir dürfen auch jene Unternehmen, Familien und Privatpersonen nicht vergessen, die nicht diese Möglichkeiten haben.

    «Atomkanton» Aargau Was ist also zu tun?
    Um die drohende Stromkrise abzuwenden, braucht es die gemeinsame Anstrengung aller. Als Grossrat der FDP Aargau unterstütze ich voll und ganz die Position unserer Kantonalpartei, den Ausstieg aus der Kernenergie zu überdenken. Als «Atomkanton» hat der Aargau hier eine besondere Stimme.
    Aber auch grundsätzlich ist für mich klar: Eine liberale Politik kann nicht auf Technologieverbote setzen. Der Schwenker nach Fukushima hat sich als voreilig und wenig durchdacht erwiesen. In der Schweiz mit ihrer speziellen Topografie können alternative Energiequellen wie Windräder nur beschränkte Wirkung entfalten, dasselbe gilt aus Wettergründen für die Solarenergie.

    Energiewende ist nicht nachhaltig
    Mit ihren Überlegungen sind die Freisinnigen nicht allein. Interessanterweise kamen jüngst ganz ähnliche Signale aus Brüssel (sonst nicht unbedingt mein Sehnsuchtsort). Die EU-Kommission stuft die Kernenergie neuerdings als nachhaltig und klimaschonend ein. Es wäre geradezu fahrlässig, wenn die Schweiz dieses Signal einfach ignorieren würde. Denn der bisherige bewährte Energiemix mit rund zwei Dritteln Wasserkraft und einem Drittel Kern­energie ist äusserst klimafreundlich.
    Diesen Vorteil aus politischen oder genauer: ideologischen Motiven aus der Hand zu geben, ist nicht nur vor dem Hintergrund der drohenden Stromkrise unverantwortlich. Der Verzicht auf den sauberen Atomstrom ist auch bezüglich Nachhaltigkeit schädlich. Denn die Schweiz kann ihren Strom- und Energieverbrauch nicht alleine decken. Ausgerechnet die Grünen reden deshalb bereits von neuen Gaskraftwerken. Dabei wollen sie ja das fossile Zeitalter beenden.
    Hinzu kommt: Weil Deutschland bereits in diesem Jahr seine Kernkraftwerke vom Netz nimmt, wird sich der Strommix in unserem Nachbarland verändern. Auch dort müssen Gas- und sogar Kohle­kraftwerke die entstandene Lücke zumindest vorübergehend schliessen. Und da die Schweiz von Importstrom abhängig ist, verschlechtert sich so die Ökobilanz.
    Aus all diesen Gründen kann es für mich nur einen Schluss geben: Die Kernkraftfrage gehört wieder aufs Tapet. Sie muss offen und unideologisch diskutiert werden. Technologieverbote behindern die Innovation und sind mit einer liberalen Ordnung nicht vereinbar.


    Ihre Meinung zu diesem Thema interessiert uns. Über ein Mail würde ich mich freuen:
    schoop@umweltzeitung.ch

    Vorheriger ArtikelSonderausstellung «Zauneidechse. Alles in Ordnung?»
    Nächster ArtikelEditorial von Dr. Philipp Gut